Konzept

In der Ästhetischen Bildung wird nach aktuellen Wissensständen und unserem Verständnis nach, dem Prozess ein größerer Wert zugemessen als dem Produkt.

Umgesetzt werden kann dies durch Ästhetische Erfahrungen, in denen das bisherige Wissen bestätigt, revidiert oder erweitert wird. Um solche Erfahrungen zu ermöglichen, muss den Kindern ein Raum gegeben werden, in dem sie sich mit subjektiv bedeutsamen Themen und Fragen auseinandersetzen können.

Es geht also nicht darum, dass Kinder innerhalb Ästhetischer Praxis besonders schöne und dekorative Kunstwerke produzieren, sondern darum, dass sie ihre Wahrnehmung schulen. Ästhetische Bildung hat daher weniger mit Ästhetik als etwas Schönem und/oder technisch Wertvollem zu tun. Ästhetik wird hier als sinnliche Wahrnehmung verstanden.1

Ein Beispiel für eine solche Erfahrung, durch die sich der bisherige Bezug zu etwas verändert, ist die „Geschichte vom stolpernden Tausendfüßler“, der bei der Frage „How do you walk?“ stolpert. Die „explizite Thematisierung“ von etwas „implizit Selbstverständlichem“ bringt ihn aus dem Takt.2 Auf diese Weise geht es in künstlerischen Prozessen mehr um das Provozieren von Fragen, statt dem Parat halten von Antworten.  Ästhetische Bildung wird unter diesen Punkten vor allem als Persönlichkeitsbildung verstanden.

Die Rolle der Leitenden ist daraus folgend entsprechende Räume und Impulse zu schaffen und die Prozesse der Kinder aufmerksam, offen und mit Neugierde zu begleiten. Um als Leitung authentisch handeln zu können wird ein Wissen zu den entsprechenden Angeboten vorausgesetzt (durch eigene ästhetische Praxis). Dementsprechend kann eine umfassende Ästhetische Bildung unserer Auffassung nach nur in Kooperationen entstehen.


  1. Der Begriff Ästhetik leitet sich von den Wörtern „αισθητός (aisthetos), wahrnehmbar, αισθητικός (aisthetikos), der Wahrnehmung fähig (…) [und] αἴσθησις (aisthesis), die sinnliche Wahrnehmung (…)“ ab. Als Grundwerk wird häufig die Vorlesung Aesthetic von 1750 des deutschen Philosophen Alexander Gottlieb Baumgarten herangezogen. Dabei steht Das Produkt nicht im Mittelpunkt, sondern „der Prozess des Erkennens“, welcher vom Subjekt ausgeht und in seinerVollkommenheit von Baumgarten als Schönheit bezeichnet wird. ↩︎
  2. Tom Poljansek, “Beruhigen und Befremden. Zwei Tendenzen in Kunst und Philosophie“, in: Kunst und Fremderfahrung. Verfremdungen, Affekte, Entdeckungen, hg. von F. Werner, Bielefeld 2016, S. 102. ↩︎